APRIL 1993: Mein einer Bruder kommt zur Welt.
MÄRZ 2006: Das Internat, für das ich mich beworben habe und für das ich brenne, schickt mir eine Zusage.
JULI 2006: Keiner weiss, dass es mein letzter Tag ist, keiner verabschiedet sich von mir oder hat mir zum Abschied etwas vorbereitet. Ich atme den Geruch vom Gebäude so intensiv ein, wie es geht und gehe ganz allein die Treppen herunter.
AUGUST 2007: Mit meinem Bruder bin ich in einem Hotelzimmer des «Vierjahreszeiten» auf Norderney. Es ist Abend und das Handy klingelt, mein Papa erzählt mir, dass Friedrich geboren ist. Wir legen auf und wissen nicht, was wir dazu denken und sagen sollen.
AUGUST 2008: Meine besten Freunde und ich laufen eine ganze Nacht lang durch meine Heimatstadt, es ist wunderbar warm und romantisch, und wir reden über Gott und die Welt und radeln dann bei Sonnenaufgang nach Hause.
MAI 2010: Die Entscheidung fällt: Ich breche alle Zelte und mein erstes Studium ab, fahre aber nicht direkt nach Hause, sondern mache einen der besten Zwischenstopps meines Lebens bei meinem seitdem festen Freund.
SEPTEMBER 2011: Eine Inszenierung von Claudia Bosse verändert mein Denken übers Theater, schubst meine Wahrnehmung in eiskaltes Wasser und lässt mich seitdem nicht mehr los.
SEPTEMBER 2012: Ich sehe meine Oma nach über einem Jahr widerwillig wieder, aber sie ist nicht mehr meine Oma. Sie ist abgemagert, hat graue Haut und kann kaum mit mir sprechen. Sie steckt sich eine Kippe an und es ekelt mich. Es ist das letzte Mal, dass ich sie nicht als Patientin sehe.
OKTOBER 2012: Ich will ins Praktikum fahren und habe die falsche Strecke im Kopf, kein Navi im kleinen Smart dabei, und es strömt wie aus Eimern. Ich fahre bis nach Friedberg und drehe um, muss tanken und anrufen, um zu sagen, dass ich später komme. Ich fahre wieder falsch und lande in Frankfurt. Ich will die Autobahnauffahrt zurück nehmen, aber mein Wagen schleudert mich herum. Ich pralle mit dem Heck gegen die mittlere Leitplanke und sehe von rechts die Lichter der kommenden Autos. Ich schalte den Warnblinker an und schaffe es irgendwie lebend und ohne einen Kratzer nach Hause.
OKTOBER 2013: Ich zahle meinen Kredit ab, endlich, aus eigener Kraft – jetzt fange ich an, wirklich zu sparen.
28.10.2013