Christoph 1986

Bautzen
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Bautzen
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Leipzig
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Leipzig
Berlin
Leipzig
Zürich
Leipzig
Braunschweig
Dresden
Statist
Regieassistent
Dramaturgieassistent
Dramaturg

JULI 1991: Mein fünfter Geburtstag: Mein Westonkel schickt weiterhin Haribo, kistenweise, ich bade darin. Das ist Glück.

AUGUST 1993: Meine Mutter hat hinausgezögert, was hinauszuzögern war, sie wollte meine Kindheit verlängern, sagt sie. Mit knapp acht Jahren werde ich eingeschult, ich bin der Älteste in der Klasse. Die Kindheit ist noch lange nicht vorbei!

OKTOBER 2002: Ich habe eine Hauptrolle als Schauspieler im Jugendklub; trotz Erfolg beschliesse ich, Abschied von der Bühne zu nehmen. Ich möchte Lyriker werden.

SEPTEMBER 2004: Ich verliebe mich. In einen Mann. Er ist zehn Jahre älter, weiss genau, was er tut und schläft mit mir. Er ist nicht in mich verliebt und lässt mich fallen. Ich beschliesse, vor seiner Haustür zu warten, er macht nicht auf, nach vier Stunden gehe ich. Ich mache ihm eine Szene am nächsten Tag in der Stadt.

AUGUST 2007: Ich surfe im Internet, ich lerne Sebastian kennen, wir werden für vier Jahre ein Paar.

JULI 2008: Ich fahre mit zwanzig Musikern nach Frankreich zu einem internationalen Austausch, ich kenne keinen Einzigen. Zum ersten Mal in meinem Leben finde ich keinen Anschluss an eine Gruppe. Nach dem dritten Tag schweige ich und gehe allein an den Strand. Ich bin einsam, denke ich.

AUGUST 2009: Zum ersten Mal spüre ich Rassismus am eigenen Leib: Ich bin Deutscher in der Schweiz und ungeliebt. An der Migros-Kasse kann ich keine Migros-Karte zeigen und die Kassierin beschimpft mich, dass ich zurückgehen soll.

AUGUST 2010: Meine erste Arbeitsstelle in meinem Beruf, ich verdiene Geld, werde bezahlt. In einer Sitzung werde ich vom Opernchef gefragt was ich hier mache, Praktikanten dürften nicht zur Sitzung. Ich stelle mich als Dramaturg vor, er stutzt.

AUGUST 2012: Ich mache Urlaub an der Ostsee mit einem Freund. Ich versuche, meinen Freund anzurufen, er geht nicht ans Telefon, er ist im Ausland und probt. Ich versuche es den gesamten Tag, 25 Anrufe. Er geht nicht ran. Ich rufe einen Freund von Paul an, Paul ist im Krankenhaus, Koma. Mein Leben ist auf einmal angreifbar.

JULI 2013: Zwei Jahre Beziehung beendet. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Ich habe seine Krankheit begleitet, alles hat sich geändert. Er trennt sich von mir.

12.06.2014