1955

FEBRUAR 1955: Dreiwöchige Überfahrt mit Mama und der einmonatigen Schwester Esthi auf einem Passagierdampfer von Genua via Suezkanal nach Indien zu Papi, der uns in Bombay am Hafen erwartet und der mir ein Äffli versprochen hat.

APRIL 1955: Ich bin bei meiner Gotte in Flums in den Ferien. Nach dem Gebet macht sie mit dem Kissen beidseitig meines Kopfes «Bergli», dann kann ich besonders gut schlafen.

APRIL 1955: Schuleintritt: Ich kann schon lesen und schreiben; Rechnen finde ich blöd. Ausserdem verpasse ich die Hälfte der ersten Klasse, weil ich dauernd Mittelohrentzündungen oder Angina habe.

JUNI 1955: Ich bin Gaststudent in Göttingen, als ich schwer krank werde. Ein Arzt besucht mich in meiner Mansarde und meint: «An dieser Krankheit sterben im Moment viele Menschen.» Antonia holt mich ab und wir fahren zusammen mit dem Zug zurück nach Bern.

JUNI 1955: Ich lerne auf einem Damenrad Velofahren. Damit ich bei den anderen Kindern mitmachen darf, muss ich «fangen» spielen, stolpere und breche mir den rechten Unterarm.

SEPTEMBER 1955: Ein ruhiger, sonniger Herbstmorgen. Ich bin auf dem Schulweg. Plötzlich ein Krachen, und ich weiss nichts mehr. Ich erwache kurz aus meiner Bewusstlosigkeit und sehe das Fleisch meines Oberschenkels aus meinem Bein herausquellen und dahinter liegt der Knochen. Das Fleisch ist rot und hat die Struktur von Orangenfleisch. Ich denke: Das also sind jetzt Zellen…

OKTOBER 1955: Ein Märchenprinz erscheint auf einem Araberhengst und füllt jede Faser meines Körpers und meiner Seele.