1951

MÄRZ 1951: Hochzeit in einem Dorf bei Göttingen. Ich werde Mutter eines Sohnes und einer Tochter, die mein Mann, der erst 1949 aus der russischen Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, von seiner verstorbenen ersten Frau in die Ehe mitbringt.

MÄRZ 1951: Ich werde in der Schule wegen meines Akzents als «Böhmak» verspottet und lerne Latein, Englisch und Französisch statt Russisch. Ich beginne, die bislang weiss gelassenen Gebiete in Erdkunde und Geschichte zu füllen, und in Religion und Philosophie inneren Halt zu suchen.

JUNI 1951: Auf dem Bauernhof, auf dem ich geboren wurde, gibt es einen jähzornigen Knecht. Als wir Kinder spielen, fängt er ein Huhn, legt es auf einen Holzklotz und hackt ihm den Kopf ab. Er drückt das Huhn meinem fünfjährigen Bruder in die Hand – und das Huhn flattert weiter. Mein Bruder öffnet schreiend die Hand und das Huhn rennt noch ein paar Meter davon.

JULI 1951: Meine Mutter und ich fahren mit dem Nachtzug nach Rimini. Ich bin das erste Mal am Meer. Obwohl ich noch nicht schwimmen kann, trägt mich meine auf dem Rücken schwimmende Mutter auf dem Bauch weit ins Meer hinaus. Es ist wunderschön.

JULI 1951: Wir ziehen von Basel nach Meilen am Zürichsee. Ich bin etwas mehr als zwei Jahre alt. Da ich schon Baseldeutsch spreche, muss ich in der neuen Umgebung notgedrungen meine erste «Fremdsprache» lernen, weil die Nachbarskinder mich nicht verstehen.

AUGUST 1951: Ich komme mit der Nabelschnur um den Hals auf die Welt. Ich muss mir mein Leben erkämpfen.

AUGUST 1951: Meine Mitschülerin soll an einem Pfadiführerinnen-Kurs teilnehmen. Ich gehe mit und werde danach als Hilfsführerin in einen Trupp eingesetzt, ohne irgendeines der üblichen Pfadi-Examen gemacht zu haben. In unserem Trupp lerne ich die zukünftige Gotte meiner jüngsten Tochter Franziska kennen. Ich bin bis heute in Kontakt mit den Mitleiterinnen.